Globe
In diesem Bereich finden Sie alle Teile des Motorradfahrens, die sich nicht auf der Strasse abspielen, sich aber hauptsächlich mit dem Motorradfahren befassen.
Was das sein soll? Hefte, Foren, Filme, Fahrtheorie und vieles, vieles mehr... Lassen Sie sich überraschen und durchstöbern Sie die Sites mal an einem kalten und nassen Sonntag. Ich bin sicher auch Sie finden etwas nützliches für die nächste Ausfahrt.
Bremsen auf zwei Rädern - Für Anfänger bis zum Profi!
Bremsen will gelernt sein. Nicht umsonst wird an einer Fahrprüfung genau auf diese "Disziplin" besonderen Wert gelegt. Gibt es doch den zwar etwas politisch unkorrekten aber doch mit einem Stücklein Wahrheit behafteten Spruch: "Am Gasgeben ist noch nie jemand gestorben, am abrupten Bremsen aber schon!".
Mit zunehmender Verbreitung des ABS unter den Motorrädern glauben viele, das Bremsen sei ja nun "geregelt" und man könne nichts mehr falsch machen. Doch halt, funktioniert das ABS denn auch in der Kurve? Um diese Frage beantworten zu können, ist es von Vorteil, wenn man weiss, wie ein ABS grundsätzlich funktioniert.
Martin Hauswirth, viel erfahrener und angefressener Motorradfahrer hat uns erlaubt, seine sehr informative und hilfreiche Informationsbroschüre bei uns aufzuschalten. So kommen unsere Leser exklusiv in den Genuss, sich technisch noch mehr zu verbessern. Das Wissen wird dem einen oder anderen bestimmt auch helfen, seine eigene Fahrweise zu verbessern und zu verstehen, was unter dem Sattel vor sich geht, wenn's mal wieder heisst - in die Eisen stehen!
Viel Spass beim Lesen und danach beim Üben - denn gasgeben kann jeder, bremsen aber will geübt sein!
Broschüre Bremsen auf zwei Rädern:
Titel | Dateiname | Typ | Größe | |
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040831-MH-BremsenAufZweiRaedern-DoppelseitigMittelheftung.pdf | 040831-MH-BremsenAufZweiRaedern-DoppelseitigMittelheftung.pdf | application/pdf | 1.74MB | |
040831-MH-BremsenAufZweiRaedern-EinOderDoppelseitigRandheftung.pdf | 040831-MH-BremsenAufZweiRaedern-EinOderDoppelseitigRandheftung.pdf | application/pdf | 1.79MB |
Nun, wie evtl. der Eine oder der Andere noch aus dem Physikunterricht weiss, befindet sich ein stehendes Motorrad, sofern man es überhaupt hinkriegt, wenn es nur auf den zwei Rädern steht, in einem labilen Gleichgewicht. Es genügt nämlich der geringste Windhauch und es wird umfallen und so in ein stabiles Gleichgewicht wechseln.
Wenn das nun so ist, wieso kann man mit einem Motorrad überhaupt fahren? Dies wiederum hat logischerweise mit dem Fahrer zu tun, der das Bike im Gleichgewicht behält. Aber wie macht er das, vor allem im fahrenden Zustand, wenn er seine Beine nicht zum Abstützen benutzen kann? Nun, hier beginnt die Physik erst wirklich.
Vielleicht ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass Sie meist unbewusst am rechten Lenkerende nach vorne drücken, wenn Sie in eine Rechtskurve fahren bzw. das linke Lenkerende nach vorne drücken, wenn es in eine Linkskurve gehen soll.
Dass Sie für das Einlenken kaum grosse Kräfte aufwenden müssen, ist physikalisch mit den Kreiselkräften des Vorderrades zu erklären. Doch was ist ein Kreisel? Man nennt einen Körper (hier das Rad) dann einen Kreisel, wenn er eine Masse besitzt (was in diesem Fall sicher ist), in einem Punkt drehbar gelagert ist (also hier die Achse bzw. das Radlager) und sich schnell um die eigene Achse dreht (also um die Radachse).
Ein Kreisel ist im Allgemeinen sehr stabil, wenn er sich dreht, und reagiert nur wenig auf Störungen. Anders hingegen verhält sich der Kreisel, wenn eine langsame Drehung um eine zweite Achse auf ihn wirkt, sprich, man dreht das drehende Rad (von oben gesehen) nach rechts oder links (wie das beim Lenken des Motorrades passiert). Dann nämlich versucht der Kreisel senkrecht zu eben dieser neuen Achse auszuweichen, d.h. er kippt je nach Druckrichtung zuvor nach rechts, bei vorhergehendem Druck am Lenker nach links oder es kippt nach links bei vorhergehendem Druck am Lenker nach rechts. Der Kreisel macht das deshalb, weil er so versucht, die eigene Rotationsachse möglichst in dieselbe Achslage zu bringen, um welche sich die Störbewegung dreht und zwar so, dass die eigene Drehbewegung mit der Rotation der Störbewegung übereinstimmt. Man sagt dem ganzen Vorgang in der Physik auch Präzession. Es gibt dazu sogar eine Regel, mit welcher man voraussagen kann, wie bzw. in welche Richtung ein Kreisel bei einer gewissen Störung ausweichen wird, doch soweit wollen wir hier nicht gehen. Wers doch interessiert kann evtl. mit dem Ausdruck „Rechte-Hand-Regel“ etwas anfangen.
Oft kommt einem ein Motorradfahrer am Ausgang einer Kurve auf der falschen Strassenseite entgegen. Wieso ist das so? Einerseits sicherlich, weil der Fahrer die Geschwindigkeit nicht an sein eigenes Können angepasst hat. Warum aber kommt ein zweiter Fahrer gleich schnell oder gar schneller ebenfalls um die Kurve, ohne dabei aber auf die falsche Seite zu gelangen?
Dies wiederum hat mit der Fahrtechnik zu tun. Wie also nimmt man am besten eine Kurve? Es gibt einige Grundsätze, die man beherzigen sollte, will man seine Motorradkarriere möglichst lange geniessen:
Hier ein exemplarischer Erfahrungsbericht über eine Sicherheitsmassnahme, die eigentlich jeder von uns Moped Junkies viel häufiger verdient hätte, als wir uns das gemeinhin zumuten…
Allgemeine Informationen:
Kurs | Betzholz TCS Moto Basis Kurs |
Teilnehmer | ca. 10 Personen (inkl. Nick Werner von moto-adventure.ch) |
Ziel (von Nick) | Ausmerzen von eingeschlichenen Faulheitsfehlern |
Leiter | Walti Bänninger |
Ablauf | Trial, Handling (8, Slalom, Spurgasse, Kurvenparcour), Mittag, Bremsen, Waldstrecke, Kreisbahn für Legen, Drücken, Aktiv, Schlussübung auf Brems-Waldpiste |
Foto / Filmaufnahmen | Nick Werner / Severin Werner (wird üblicherweise nicht gemacht) |
Die Anfahrt aus dem Zürcher Unterland gestaltet sich an diesem Morgen ganz entspannt, der Verkehr fliesst anständig die A53 entlang zur Anschlussstelle Aathal und sogar Wetzikon lässt sich heute flüssig passieren. So erreiche ich das TCS Verkehrssicherheitszentrum Betzholz bei Hinwil ganz entspannt mit einigen Minuten Reserve.
Eine gemütliche Gruppe Motorradbegeisterter und sogar zwei Rollerfahrer haben sich für diesen Kurs eingefunden und unser Instruktor Walti Bänninger leitet die Vorstellungsrunde ein. Es stellt sich schnell heraus, dass wir eine gut durchmischte Gruppe sind; vom Zweiradfrischling mit einigen Lenzen auf dem Buckel bis zum Halbprofi, der inzwischen zum sechsten Mal dieses Training absolviert. Ebenso unterschiedlich sind die Fahrzeuge: Vom Roller über die Harley und die schnellen Supersportler spannt sich das Spektrum bis zur schweren Enduro, die mir persönlich am besten liegt.
Ein wesentlicher Teil des ersten Theorieblocks besteht in der Formulierung der Erwartungen, die jeder Teilnehmer und jede Teilnehmerin an den heutigen Tag mitbringt. In meinem Fall geht es mir darum, dass mich der Profi genau beobachten soll, um die bei mir im Verlauf der letzten Jahre eingeschlichenen „Faulheitsfehler“ zu finden, damit ich sie nicht noch eine Saison ins Hirn einbrenne.
Bald ist es dann soweit, dass wir wieder raus dürfen; Walti macht uns ja auch darauf aufmerksam, dass man Erfahrungen nicht im Theoriesaal sammelt, sondern sie im wörtlichen Sinn erfahren muss. Um uns auf spielerische Art an einen Teil der folgenden Übungen heran zu führen, lässt uns Walti in zwei Gruppen erst mal auf ganz leichte Trial Maschinen steigen. Mit denen zwitschern wir in gemächlichem Tempo über den kleinen Teil des Zentrums, der uns die Freude des Fahren auf losem Untergrund ermöglicht. Als Endurofahrer hat man in dieser Übung sicher einen kleinen Startvorteil, was sich zu Beginn in der etwas verkrampften Körperhaltung einzelner Teilnehmer wiederspiegelt. Walti schafft es aber, den Teilnehmern schon in den ersten Minuten ein Grundvertrauen in die eigenen Fähigkeiten einzuflössen, so dass auch diejenigen, die normalerweise nie stehend auf ihren Mopeds unterwegs sind, sich im Verlauf der Übung trauen im „Damensitz“, auf einem Bein stehend oder stehend einhändig auf Kies ihre Runden zu drehen, als hätten sie nie was anderes gemacht.
Nach einer kurzen Kaffeepause geht es dann auf den eigenen Maschinen zur Sache. Die Acht, ein Slalom, die Altbekannte Spurgasse und ein Schlangen-Parcours sind zu absolvieren. Die Übungen bringen uns das Verhalten der eigenen Maschine in langsamen Tempo wieder einmal ins Bewusstsein. Walti und Fredy, der Auto-Instruktor des TCS in Umschulung, beobachten uns genau, und können uns sehr individuelle Tipps geben. Bei mir beispielsweise sind es Instruktionen für das bessere Zusammenspiel von Gas, Kupplung und Hinterradbremse in der Spurgasse und im Schlangen-Parcours.
Viel zu schnell ist es schon Mittag und wir kehren zurück zur Kantine. Die Verpflegung ist ansprechend und die Mittagspause halten wir zum Glück recht kurz. Wir treffen uns direkt wieder bei den Mopeds für die nächste Übung – das Bremsen.
Meiner Ansicht nach ist dies der Bereich des Motorradfahrens, bei dem man ohne regelmässiges Training am meisten Fehler machen kann, die schnell zu ernsten Konsequenzen führen können. Denn sind wir doch mal ehrlich, wer von uns geht den regelmässig auf ein abgesperrtes Gelände und übt still für sich allein das Bremsen mit maximaler Verzögerung, also mit kürzest möglichem Bremsweg. An dieser Stelle sei auf die Publikation des „BÜRO SATTELFEST“ verwiesen. Martin Hauswirth hat als verantwortlicher Redaktor eine erstklassige Abhandlung über die Eigenheiten des Motorradfahrens und speziell des Bremsen gemacht. Sie kann hier (http://www.moto-adventure.ch/theorie/fahrphysik.html) als PDF heruntergeladen werden.
Walti und Fredy demonstrieren das Bremsen mit nur Vorder- oder Hinterradbremse und mit beiden zusammen. Die Eigenheiten der verschiedenen ABS Typen werden besprochen (z.B. die Unterschiede zwischen den Teilintegral-Philosophien von Honda und BMW, die sich erheblich unterscheiden, und doch beide ihren Sinn haben).
Wir üben und üben, auf der linken Bahn für uns selbst und rechts, wenn es frei ist, unter Beobachtung von Fredy und Walti. Immer mal wieder merke ich sogar selbst, dass meine Blickführung nicht optimal ist, was sich sofort in schlechterer Kontrolle über das Motorrad bemerkbar macht. Es sind genau diese Details die ich hier ausmerzen will. In einer zweiten Phase werde ich von Walti darauf gedrillt, so nahe wie möglich an die Blockiergrenze zu gehen, ohne das ABS auszulösen. Und da machen sich bei mir die wirklichen Faulheitsfehler bemerkbar, die sich in den letzten Jahren eingeschlichen haben. Ein ums andere Mal ziehe ich zu hart am Hebel und verlasse mich einfach auf die elektronischen Helferlein; ohne ABS hätte ich das Guetzli wohl mal wieder weggeworfen. Erst in der zweiten Hälfte der Bremsübung beginnt es besser zu laufen und ich taste mich immer näher an die Blockiergrenze heran, ohne dass das ABS etwas zu regeln hat.
Und schon ist es wieder Zeit für eine Pause. Im anschliessenden Theorieblock geht es nun um die Linienführung im Kurvenfahren, der Kopfhaltung und der Blickführung, die erst eine regelmässige Linie durch die Kurve ermöglicht. Und ja, auf der Position 2 liegt erfahrungsgemäss einfach am meisten Dreck…
Dann geht es zum letzten Mal raus auf die Anlage. Zuerst fahren wir uns etwas warm. Und dann können wir die Bremspiste und die Landstrasse nutzen, unsere Kurvenfahrstile zu schleifen. Ich weiss von mir, dass ich speziell in Linkskurven eine Tendenz dazu habe, gegen Kurvenende nahe, wahrscheinlich zu nahe an die Mittellinie zu ziehen. Der Theorieblock zu diesem Thema hat mir eine Indikation gegeben, dass dies an meiner Blickführung liegen könnte – zu weit über die Gegenfahrbahn nach vorn. Also versuche ich nun die tangentiale Blickführung über die Mittellinie. Und in der Tat lässt sich die Sache so schon viel besser an.
Walti versucht uns die Linienwahl verinnerlichen zu lassen, indem er in der „gemeinsten“ (weil zu machenden) Kurve am Ende der Bremspiste sich selbst oder seine Handschuhe so in der Kurve platziert, dass wir automatisch gezwungen sind eine saubere Linie zu fahren, wenn wir ihm keine Kopfnuss verpassen wollen.
Im nächsten Block geht es auf die Kreisbahn. Es geht um die verschiedenen Kurventechniken Legen, Drücken und milde Formen des Hang off. Hier findet Walti schon den nächsten Fehler. Ich habe mir irgendwann mit einem Vorgänger meines aktuellen Gefährts angewöhnt, meine Füsse in den Kurve etwas auszustellen, damit ich mit den Fussspitzen den Boden in der Kurve kommen spüre, bevor die Seitenkoffer aufsetzen. Das hätte ich mir längst wieder abgewöhnen können oder sogar sollen. Aber eben, die Gewohnheit. Jedenfalls wächst das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten sichtbar bei allen Teilnehmern. Inzwischen bringen sogar die Rollerfahrer die Bodenbleche zum Funkensprühen, so legen sie ihr Gefährt in die Kurve.
Die Schlussübung steht an. Dazu werden wir mit dem anderen Kurs vereint. Alle Elemente der bisherigen Übungen können dazu vereint werden zu einem grossen Parcours. Die Instruktoren der beiden Gruppen legen ihr Hauptaugenmerk auf die kurvige Landstrasse. Damit es uns nicht langweilig wird stellen sie sich in der einen oder anderen Kurve auf, um uns anzuhalten, auch in der Schlussübung die saubere Linienführung beizubehalten.
Bei der Schlussbesprechung müssen wir jedoch feststellen, dass wir in der Schlussübung viel vom heute (wieder-) erlernten fallen liessen und wieder in unsere bisherigen Verhaltensmuster zurück fielen. Trotzdem ist die Teilnahme sehr wertvoll, wir sind uns bei unseren nächsten Ausfahrten sicher häufiger der aktuellen Situation bewusst, als wenn wir nicht auf Waltis Coaching hätten zählen dürfen.
Fazit: Dank dem Frühbucherrabatt (Der Fond für Verkehrssicherheit unterstützt die Teilnahme an Trainingskursen bis 30. Juni mit CHF 200) bietet der Preis für einen Tag Coaching sehr viel Mehrwert pro Franken.
Für mich ist klar, dass ich nach der Teilnahme an diesem Kurs noch viel häufiger ein breites Grinsen unter dem Helm habe.