Globe
Vorgeschichte
Es war Februar gewesen, als meine Frau an der schweizerischen Motorradmesse in Zürich einen Wettbewerb beim Outdoor-Equipment-Ausrüster Spatz mitmachte. Nur wenig später klingelte bei mir das Telefon – ICH hatte ein Tour nach Marokko gewonnen, denn meine Frau, die unglaublich viel Glück bei Wettbewerben hat, hatte in meinem Namen mitgemacht. Nun, dieser Bericht ist aber über eine Tour zum Ararat und der liegt bekanntlich in der Osttürkei und nicht in Marokko. Da ich leider wegen terminlicher Überschneidungen nicht hätte an der Marokko-Tour teilnehmen können, kam mir Spatz freundlicherweise entgegen und ermöglichte mir beim gleichen Trekking-Touren-Anbieter eine andere Mitreisegelegenheit. Dazu kam der (mein) Vorteil, dass meine Frau kein Interesse an einer derartigen Tour hatte.
1. Tag
Und so kam es, dass wir uns um 8.45 Uhr am Flughafen Zürich an der berühmten Bye-bye-Bar trafen. Die meisten Teilnehmer kannten sich ja schon von der Vorbesprechung. Nur Helga kam noch dazu, aber sie schien uns allen von Anfang an sehr sympathisch und passte sich gleich gut ins Team ein. Der Reiseleiter, ein eher wortkarger, fast etwas mürrisch wirkender Bündner namens Paul, hat das schon eher Mühe mit unserer lustigen Truppe warm zu werden. Was noch nicht ist, kann ja noch werden.
Mit einer Verspätung trifft auch der Tourorganisator mit dem gemeinsamen Gepäck noch ein. Nach einer kurzen Begrüssung geht es zusammen zum Check-in, wo uns schon eine lange Schlange eincheckungswilliger Reisender erwartet. Na das kann ja heiter werden. Wenn wir erst nach dieser Schlange an die Reihe kommen, hat es bestimmt keinen Platz mehr im Bauch des Flugzeuges. Ich mach mir derweil viel mehr Sorgen, was die nette Dame am Schalter wohl zu meinem „Handgepäck“ sagen wird. Es handelt sich dabei nämlich um einen 40-Liter-Rucksack. Ok, er ist fast leer und die Maximalmasse hält er auch ein, allerdings nur, wenn man alle Längen am Stück frei einteilen darf.
Rund 2 ¾ Stunden später muss ich dem Türkischen Zöllner in Istanbul nicht mal mein ganzes Argumentarium vorleiern, dass ich mir zurecht gelegt hatte, für den Fall, dass er mir ans Gepäck will. Ich wollte ihn in einem solchen Fall davon überzeugen, dass mein Reisegepäck für kurdische Untergrundkämpfer zu klein, zu unhandlich oder auf Grund seiner roten Farbe wohl untauglich ist. Ausserdem wäre mein Schweizer Sackmesser für militärische Zwecke ungeeignet, da es keine krumme, mit Hicken übersääte Klinge habe. Aber eben, daraus wird nichts, er lässt mich ohne eines weiteren Blickes zu würdigen einreisen.
Vor dem Flughafen erwartet uns neben dem tüpig-warmen Wetter ein kleines, dafür aber wunderbar klimatisiertes Büschen, welches uns nach einer halbstündigen Fahrt in Hotel absetzt. Hier laden wir kurz unser Gepäck ab und schon geht es wieder los. Schliesslich wollen wir etwas von der Stadt sehen, es ist ja auch erst gerade Mittag geworden.
Wir nehmen die Strassenbahn, welche uns ohne umzusteigen bis direkt ins Herzen der Stadt führt. Ein Glück, habe ich mir vorher noch kurz eine eisgekühlte Limo gekauft. Gierig schlürfe ich das kalte Nass in mich rein, während die eifersüchtigen Blicke der anderen Trampassagiere an meiner Dose mit den vielen kleinen Kondenswassertröpfchen kleben. Die Bahn ist derart überfüllt, dass ich mich auf der ruckeligen Fahrt nicht mal festhalten muss. Allerdings ist in diesem Gedränge sicherlich Vorsicht bezgl. Taschendieben geboten. Mein Verhalten diesbezüglich ist allerdings nicht istanbulspezifisch, sondern eher grossstadttypisch.
Wir halten vor der „blauen Moschee“. Dabei handelt es sich um die so genannte „Sultan-Ahmed-Moschee“ aus dem Jahre 1616. Für mich, als Islamneuling, ist diese Moschee, ganz zu schweigen von all den anderen Moscheen in Istanbul, sehr beeindruckend. Immerhin hat sie sechs hoch aufragende, neben der Hauptkuppel filigran wirkende, Minarette. Nur die grosse Moschee in Mekka hat noch mehr.
Früher war das eine Institution, nicht einfach ein Gotteshaus, oder wohl richtiger ein „Allah-Haus“. So fanden sich darin neben den Gebetsräumen auch eine Karawanserei (Karawannen-Treffpunkt), ein Badehaus, ein Spital und andere soziale Einrichtungen. Heute ist es vor allem ein Touristenmagnet, um welchen auch wir nicht herum kommen. Innen ist der gesamte Boden mit Teppichen ausgelegt, womit auch klar ist, weshalb man vor der Tür die Schuhe ausziehen muss. Nicht dass jetzt jemand meint, man könne beim Rausgehen dann einfach das schönste Paar Schuhe abstauben, das man gerade sieht. Nein, die Schuhe werden schön in Säckchen verpackt mit sich mitgeschleppt, denn der Eingang ist nicht der Ausgang, was andernfalls ja problematisch wäre, weil man dann barfuss und die gesamte Moschee wandern müsste.
Besonders beeindruckend finde ich vor allem die Kuppel. Und das ist noch nicht mal die grösste Kuppel, die es in einer Moschee zu sehen gibt (das wäre, so viel ich in Erfahrung bringen konnte, die Nuruosmaniye-Moschee, ebenfalls in Istanbul).
Auf dem Rückweg von der Moschee bestaunten wir noch die Überreste des Hipodroms. Dabei handelte es sich ursprünglich um eine gigantische „Pferderennbahn“, die nach Wikipedianischen Angaben bis zu 100'000 Zuschauern Platz bot. Leider wurde es in weniger erfreulichen Situationen eingesetzt. So sollen auf der Fläche auch schon bis zu 30'000 Personen bei deinem Aufstand im Jahre 532 umgebracht worden sein. Viel ist davon (also vom Hipodrom natürlich) nicht mehr zu sehen, aber immerhin Obelisken und eine geschwungene Säule.
Nach einem erfrischenden Getränk geht es langsam zurück zur Tramstation. Im ganzen Gewusel verlieren wir nun auch noch ein Gruppenmitglied. In der Hoffnung, dass er den Weg auch alleine finden möge, nehmen wir das stickige, überfüllte Tram retour zum Hotel, wo wir ihn glücklicherweise wieder antreffen.
Auf Grund der Erfahrungen mit unserem lokalen Reiseleiter muss ich empfehlen, dass man sich für die Auswahl eines Restaurants nicht auf diesen verlassen sollte. Meist liegt der eigene (also persönliche) Geschmack, was Restaurants betrifft, nicht falsch. In unserem Fall geht es nämlich fürs Nachtessen wieder durch die halbe Stadt zu einem eher nicht besonders gut besuchten Hinterstrassenspunten, obwohl wir ein Restaurant, keine 200 Meter vom Hotel aus die Strasse runter, ins Auge gefasst hatten. Der „Restaurant-Tip“ unseres einheimischen Guides erweist sich als Flop. Es wird uns qualitativ minderwertiges Essen von eher fragwürdigem Geschmack serviert. Der Grund für die Restaurant-Wahl lässt sich im Laufe des Abends auch erörtern – es herrscht eine Verwandtschaft zwischen Guide und Besitzer, und Verwandte schieben sich hier nun mal Aufträge zu.
Tag 2
Nach einem kurzen Frühstück fahren wir noch bei Dunkelheit in Richtung Flughafen. So wuselig die Stadt gestern Abend war, so ausgestorben ist sie am frühen Morgen. Auf den Strassen herrscht gähnende Leere und die Lampen leuchten eigentlich umsonst. Da kann man sogar nachvollziehen, warum unser Chauffeur jegliche rote Lichtsignale überfährt. Ich kann nur hoffen, er macht dies nicht aus dem gleichen Grund, wie die Brasilianer in Sao Paulo (zu grosses Risiko eines Ausraubversuches an der Ampel).
Als wir so durch die noch ruhende Stadt rollen, fällt mich auf, dass der Unterschied zwischen Istanbul und Zürich eigentlich gar nicht so gross ist, mal abgesehen von der geografischen Lage und der doch ziemlich abweichenden Einwohnerzahl. Man müsste lediglich die Minarette durch Kirschtürme ersetzen und schon wären die Unterschiede dahin. Hier gib es z.B. nicht nur die Migroskette, sondern auch die Heimwerkerbude „Bauhaus“.
Nach gut 1.5 Stunden anhaltenden, sehr lustigen Gesprächen zwischen uns Möchtegernbergbezwingern, die ganz nebenbei bei unseren türkischen Sitznachbarn tiefe Entrüstung ob der anhaltenden „Lärmbelästigung“ hervorrufen, erreichen wir den Flughafen von Van.
Ich habe mir ja schon vorgestellt, dass nicht alle Flughäfen gleich ausgerüstet sind und es die einen oder anderen Qualitätsunterschiede gibt. Aber Van, also echt, da muss man ja teilweise fast Angst haben, dass einem nicht die Decke auf den Kopf fällt – und das ist wörtlich gemeint. Das Gebäude ist in einem ziemlich schlechten Zustand. Der betonierte Eingang macht da keine Ausnahme. Betonabplatzungen, Armierungskorrosion, rostige Schrauben,…
Trotz der von mir aus gesehen gerechtfertigten Angst vor Gepäckverlust, finden sich nach einiger Zeit unsere Gepäckstücke auf dem einzigen Förderband der Ankunftshalle. Draussen treffen wir auf unser Taxi. In diesem Fall wieder ein kleines Büschen mit einem lockeren, gut gelaunten Fahrer und zwei Begleitern, die uns bis zum Rückflug nach Istanbul begleiten sollen.
Nach rund 15-minütiger Fahrt erreichen wir ein altes, an den ehemaligen Ostblock erinnerndes Hotel. Der Putz bröckelt von der Fassade, Beton platzt von der Treppen hinunter zum wasserleeren, mit Bauschutt halb gefüllten, wohl gar nie fertig gestellten Pool. Hier werden wir nächtigen. Allerdings nicht in Zimmern, sondern in Zelten neben dem erwähnten Poolwrack. Die Aussicht auf den See ist cool (und unverbaubar), zumal man die ganze Nacht ein feines Rauschen der Brandung hören kann. Grundsätzlich gefällt mir die erste Zeltübernachtung durchaus. Allerdings ist es doch etwas speziell (bis fahrlässig), wenn man neben einer Müllhalde aus Bauschutt mit teilweise gefährlichen, nicht abgedeckten Löchern im Boden zelten soll, vor allem in einer dunklen Nacht, wenn man mal muss. Ich habe mir dann halt einen Weg zwischen den Löchern hindurch ertastet und gehofft, dass mir beim Einprägen der Löcher am Abend zuvor nichts entgangen ist. Schade eigentlich, denn es hätte nicht weit entfernt eine wunderschöne Wiese mit noch besserem Ausblick und noch etwas grösserem Abstand zur Schnellstrasse hinter uns gegeben.
Die Zimmer im Hotel sind übrigens entgegen den Erwartungen nicht mal übel. Das sehen wir, als wir eines der Zimmer kurzfristig zum Duschen zur Verfügung gestellt bekommen. Nur die abenteuerlichen Stromverkabelungen erinnern etwas an Bolivien. Immerhin gibt es einen TV und der läuft auch noch.
Da nach dem Aufstellen und Einrichten der Zelte der Tag aber noch nicht einmal richtig begonnen hat ( wir waren ja ziemlich früh aus den Federn gehüpft „worden“), machen wir uns auf, um die Sehenswürdigkeit der näheren Umgebung zu bewundern.
Da es immer heisser wird, ist unser Griff nach den Wasserflasche nachvollziehbar. Leider ein Griff ins Leere, denn leider hat unser Bündner Reiseleiter vergessen, wie vereinbart Wasser in den Bus mitzunehmen. Das wäre eigentlich im Preis inbegriffen gewesen uns so verspricht er nach dem ersten „wasserlosen“ Tag auch Besserung. Leider wird er sein Versprechen während der gesamten Reise nicht einlösen. So müssen wir Teilnehmer vor Ort selbst vor der Überfahrt zuerst einmal selbst etwas Trinkbares organisieren, denn bei der Hitze trocknen unsere Kehlen in Rekordgeschwindigkeit aus.
Endlich kann es losgehen und als erstes besuchen wir die kleine Van-Insel Akdamar, welche rund 40 km südwestlich von Van liegt. Auf dieser hatte sich einst ein armenischer Herrscher im 10. Jahrhundert eine Sommerresidenz aufgebaut. DA dieser Christ war, hat er dazu noch eine Kirche gestiftet. Diese „Heiligkreuzkriche“ ist das einzige erhaltene Gebäude auf der Insel und dazu auch noch in ziemlich gutem Zustand.
Die Kirche selbst ist u.a. deshalb so interessant, weil auf der Fassade auch Situationen verschiedener Bibelgeschichten als Reliefs dargestellt sind. Was in unseren alten Kirchen im Innern als gemalte Kunstwerke zu bestaunen ist, findet man hier als Fassadenbestandteil, so z.B. der Kampf zwischen David und Goliath, die Szene von Adam und Eva oder Johannes mit dem Walfisch in Reliefformat aus Stein.
Es sind viele in die Steine gemiesselte Keilschriften zu erkennen, dazu viele christliche Kreuze und alte christliche Grabsteine, die überall rund um die Kirche herum unter den Olivenbäumen liegen.
Was man allerdings wirklich nicht auslassen sollte, obwohl es nirgends beschrieben ist, ist die kurze Wanderung auf die Spitze des kleinen Inselhügels. Sie ermöglicht einen wunderbaren Rundblick über die Insel bis zur Küste.
Schmachtend und mit knurrendem Magen erreichen wir wieder den Hafen am Seerand. Der Wind hat uns zusätzlich ausgetrocknet uns so geniessen wir erst recht das feine Essen im Restaurant gleich beim Hafen. Der hier angebotene Fisch kommt aus dem See. Dies ist allerdings etwas speziell, denn da der See keinen Abfluss hat, ist er sehr Salzhaltig (in diesem Fall Sodahaltig). Gemäss Auskunft von Einheimischen lebt im See nur eine einzige Fischart und diese Fische werden im Allgemeinen nicht besonders gross. Daher gibt’s dann halt einfach mehrere dieser Fischchen zum Verzehr. Wer keinen Fisch mag, dem kann ich das Hühnchen empfehlen. Das ist im Übrigen in der ganzen Türkei meist eine gute Wahl (man kann nicht viel falsch machen und wir Zentraleuropäer kennen den Geschmack).
Egal für was man sich entscheidet, man muss sich sein Essen verdienen bzw. erkämpfen und zwar gegen einen wahren Ansturm von Wespen, die offenbar mind. ebenso hungrig sind, wie wir durstig.
Auf der anschliessenden Fahrt entlang dem See nach Westen haben wir zum Verdauen, denn schon bald erwartet uns der nächste Höhepunkt. Die Königsgräber und Festungsanlagen gleich am Ufer des Sees, südlich der Ausläufer der Stadt Van, sind angesagt.
Dabei handelt es sich um Überreste alter, teilweise erneuerter Festungsmauern (meist aus einer Art Lehmziegel), die sich auf einem steilen Hügel befinden. In den Fels des Hügels wiederum wurden unzählige Treppenstufen gehauen. Wie uns berichtet wird, wurden diese Treppenstufen aus zwei Gründen in den Felsen gemeisselt: Einerseits, um den Einwohnern ein schnelles Emporklettern und daher eine schnelle Flucht vor Angreifern zu ermöglichen. Andererseits fanden die Verteidiger so gleichzeitig gute Positionen/Stellungen zur Verteidigung gegen die Angreifer.
Die Königsgräber selbst befinden sich etwas versteckt auf der südöstlichen Seite des Hügels. Eine kleine Treppe führt leicht abwärts, der Felswand entlang, bis zu einer in den Fels geschlagenen Türöffnung. Allerdings ist der Eingang durch ein Gitter versperrt und man gelangt meist nur mittels guten Beziehungen (oder z.B. auch durch ein Loch im Zaun) hinein.
Besonders beeindruckend sind dann einerseits die assyrischen Hyroglyphen, welche die gesamte Felswand bis zum Eingang in die Höhle verzieren. Da ich dieser Sprache leider nicht mächtig bin, konnte ich nicht entziffern, was da niedergeschrieben wurde, aber interessiert hätte es mich sehr.
Die „Gräber“ an sich sind, wie nicht anders zu erwarten war, leer. Es handelt sich um eine handvoll Räume, welche in absolut exakten Winkeln in den Fels gehauen worden sind. Selbst die im ersten Raum vorhandenen „Vertiefungen“, eine Art Einbauschrank ohne Türchen, wurden absolut plan und rechteckig ausgeführt. Die Genauigkeit der Arbeit erinnerte mich schlagartig an die berühmten Inkaruinen in Peru. Damit man im Innern der Grabräume auch sicher gut genug sieht, empfiehlt es sich, eine Taschenlampe mitzunehmen. Dies ist auch aus sicherheitstechnischer Überlegung zu empfehlen, denn einer der weiterführenden Räume (alle ohne Beleuchtung und daher stockfinster) weist einen Absatz von ca. 4 Metern auf, ohne Stufen zur Überbrückung der Höhendifferenz.
Nach eine Wanderung entlang der teils genau an den Abgrund gebauten Befestigungsanlagen geht es zurück zum Ausgangspunkt, wo wir per Zufall noch eine der für diese Region typischen „Van-Katzen“ zu sehen bekommen. Das besondere dieser Katzenart ist, dass sie tatsächlich Augen mit zwei verschiedenen Farben haben. Das ist schwer vorstellbar und doch ist es so, dass sie ein blaues und ein orangene bis gelbliches Auge haben. Da das eine meist stärker lichtempfindlich ist als das andere kneifen die meisten Katzen das eine mehr zu als das andere. Ausserdem soll es eine der einzigen Katzenarten sein, die gerne schwimmt. Selbst beobachten konnten wir dies leider nicht und anhand des schmutzigen Fells der Katze, musste mindestens dieses Exemplar schon längere Zeit kein Wasser mehr aus der Nähe gesehen haben.
Nach so viel Kultur braucht unsere Hirne Zeit zum Verarbeiten. Das geht am Besten bei einem guten Essen. Dieses bekommen wir im „abgewrackten“ Hotel, wo wir auch zelten. Nebenbei: Gegenüber auf der anderen Strassenseite gibt es einen kleinen Laden, wo man sich mit Grundnahrungsmitteln (wie leichtem Gebäck, Salzstengeli oder eben auch einfach Coca Cola) versorgen kann.
Mit gut gefülltem Magen und vielen neuen Eindrücken kuschen wir uns in unsere Schlafsäcke. Wer möchte, der kann hier natürlich auch „open-air“ schlafen. Das ginge besonders mit meinem wasserdichten Waterbloc-Schlafsack sehr gut. Trotzdem habe ich mich ins Zelt verzogen, denn der Waterbloc ist ja leider kein „Moskitobloc“. Wenn es diesen Zusatz zu kaufen gäbe, ich würde ein Vermögen hinblättern
Grössere Wasserfälle zwischen Van und Dogubayazit an der E99. Vor Ort kann auch gleich in einem kleinen Restaurant essen. Ideal für einen kleinen Zwiscchenhalt. Wer Lust hat, der kann auch etwas die Gegend auskundschaften. Mit guten Augen kann man auch die eine oder andere Gottesanbeterin sehen.
GPS: N 39°03’ 22.57“ 43°45’ 27.74“
Palast, der von Çolak Abdi Paşa und seines Sohnes İshak Paşa II von 1685 bis 1784 gebauter Palast oberhalb von Dogubayazit. Da sich die Behörden Mühe geben, den Palast wieder so gut wie möglich in stand zu stellen, können inzwischen wieder viele Teile besichtigt werden.
GPS: N 39°31' 13.06“ O 44°07' 44.49“
Tipp: Man kann auch gleich oberhalb des Palastes in einem kleinen Restaurant essen. Besonders Abends sehr schön, wenn man Sicht über die ganze Stadt geniessen kann. Auf dem Weg zum Restaurant liegt auch noch der Friedhof bzw. die Gräber der Familie des Isak Pasa.
Eine noch aktiv genutzte Salzmine, welche mit interessanten Aussalzungen punkten kann. Ausserdem kann eine grosse Hallenartige Höhe besichtigt werden
GPS: N40°03’05.52“ O43°39’53.95“
Der Turm übertrohnt die Stadt und ermöglicht daher eine wunderbare Aussicht über das Zentrum Istanbuls. Wer ausserdem hungrig ist, der kann sich auf Ebene der Aussichtsplattform im Restaurant verköstigen.
GPS: N41°01’32.66“ O28°58’26.62“
Diese unterirdischen Zisternen liegen im Zentrum Istanbuls und haben ein Fassungsvermögen von rund 80`000 Kubikmetern liegen gleich in der Nähe des Hippodroms. Sie waren eine lange Zeit vergessen. Sie dienten der Wasserversorgung des Palastes. 336 8m-hohe Säulen dienen der Abstützung Decke. Heutzutage sind sie begehbar und wirklich eindrucksvoll.
GPS: N41°00’30.24“ 28°58’40.42“
Eine sehr schöne und öffentliche Moschee, welche auch von nicht Muslimen besucht werden darf. Ein Besuch wert.
GPS: N41°00’19.07“ O28°58’36,69“
GPS: N41°00’31.13” O28°58’47.55”
Obelisk von Theodosius bei der Sultan Ahmet Moschee
GPS: N41°00’19.29“ O28°58’29.37“
Alte Stadt Ani, bestehend nur noch aus einigen Ruinen alter Kirchen. Bei einem Erdbeben 1319 grösstenteils zerstört sind sie aber immernoch sehr beeindrukcned. Ausserdem liegen sie direkt an der armenischen Grenze. Man kann von Auge die Wachtürme der Armenier auf der anderen Seite des Grenzflusses erkennen.
GPS: N40°30' 43.73“ O43°34'20.72“
Wirklich sehenswert und interessant. Unbedingt mindestens einen halben bis einen Tag einplanen. Der Bazar ist so gross und beitet so viel, dass man sich auch noch länger dort verweilen könbnte.
GPS: N41°00'35.29“ S28°57'59.42“
Tag 3
Ein leichtes Gurgeln liegt in der Luft, als ich schon um 7 Uhr aufwache. Vor uns liegt die ruhige Wasseroberfläche des riesigen Vansees mit seinem türkisfarbenen Wasser. Auf den wenigen Wellen spiegelt sich die Sonne und glitzert uns entgegen. Schnell sind wir aus dem Zelt und gepackt ist noch viel schneller, schliesslich warte ja die wichtigste Mahlzeit des Tages auf uns. Es gibt Tee, Kaffee, Milch, Brot, Käse (Schafkäse), Wurst, Eier, Kornflakes, frische, saftige und sehr süsse Melonen, Gurken, kurz gesagt, was man sich in der Osttürkei von einem Frühstück wünschen kann.
Um 10 Uhr sitzen wir im Bus und fahren in Richtung Osten. Wir fahren durch immer einsamer werdende Gegenden. Irgendwie erinnert mich das zunehmend an Südamerika. Die Anden zeigen sich teilweise auch in dieser Art. Der Verkehr wird spärlicher und die Verpflegungsmöglichkeiten auch. Ein Glück habe ich mir gestern noch Flüssigkeit gekauft, das wäre ein haarige Sache geworden in der Hitze, die sich heute ausbreitet. So aber kühle ich meine Kehle regelmässig mit frischem Fanta und geniesse dazu Eindrücke, wie aus dem IMAX-Kino, nur live halt!
Nach einer gefühlten Ewigkeit an Distanz zweigen wir von der Hauptstrasse auf einen kleinen Kiesparkplatz ab. Wir sind schon eine ganze Weile entlang eines kleinen Flusses gefahren, der sich im Laufe der Zeit zu einem kleinen Canyon gefressen hat. Und genau an dieser Stelle gibt es einen schönen Wasserfall und dazu ein kleines Restaurant, wo wir unseren Akku wieder auffüllen und alles etwas durchschnaufen können.
Der Tee, den man hier fast überall vor dem Essen kriegt, ist nicht so meine Sache. Ich trinke Tee normalerweise ohne Zucker, um so mehr vom wirklichen Aroma zu schmecken. Aber dieser hier ist bitter, dass ich ihn beim besten Willen nur mit viel Zucker runter kriege. Aber hier ist das normal und die Einheimischen trinken ihn wohl auch deshalb mit Unmengen Zucker.
Nach dem Essen geht es auf eine kleine Entdeckertour. Grundsätzlich haben die hier wirkliche ein schönes Fleckchen Erde, das kann man wirklich nicht bestreiten. Nur eines finde ich dabei schade – es hat überall Abfall. Die Plastikabfälle verrotten halt nicht (oder zu langsam, wenn man so will) und so bleiben all die Verpackungsabfälle liegen und Plastiksäcke flattern in den Büschen, während die Gischt des Wasserfalles in der Luft glitzert.
Ich wandere etwas in Fliessrichtung dem Fluss entlang. Etwa 500 Meter weiter unten sind auf der gegenüberliegenden Seite einige Jungen, die Vieh und Schafe hüten. Da es wirklich warm ist, haben sie ein Seil über den Fluss gespannt, angeln sich daran bis in die Mitte des Flusses und machen ab da Wettschwimmen ein Stück den Fluss runter. Als sie mich erspähen, wollen sie mich mittels nicht fehlinterpretierbarer Zeichensprache zum Mitmachen animieren, doch mit meinen Wanderschuhen und der Aussicht in nassen Klamotten die restliche Busfahrt zu absolvieren (und mich dabei sicherlich zu erkälten) lehne ich lachen ab. Bevor ich mich versehe sind sie schon wieder im Wasser.
Auch ich mache mich auf den Weg. Den Rückweg zum Restaurant wandere ich dann aber oberhalb des Canyons. Per Zufall finde ich beim Fotografieren noch eine grüne, ca. 8 cm grosse Gottesanbeterin an einer Distel. Ich wusste gar nicht, dass es die hier gibt. Aber es sollte nicht das letzte Mal gewesen sein, dass ich auf eine solche treffe.
Die weitere Fahrt führt uns zuerst über den Tendürck-Pass. Der Pass selbst ist mit seinen 8% Steigung nicht besonders spektakulär. Anders sieht es mit der restlichen Umgebung aus. Die Strasse leitet uns nämlich quer durch ein Lavagebiet von erstaunlichen Ausmassen. Zwischen dem Lavagestein, haben die Lavaströme beim letzten Ausbruch kleine Flächen freigelassen. Die Einheimischen haben sich dort kleine Felder angelegt, welche erst vor Kurzem abgeerntet worden sind. Das Stroh liegt noch in Bündeln auf dem Boden und wartet darauf, eingebracht zu werden.
Inzwischen ist es merklich kühler geworden, kein Wunder, haben wir bei der langen Fahrt doch stetig an Höhe gewonnen. Kaum sind wir über die Passhöhe, da erspähen wir das erste Mal den Ararat. Die Spitze versteckt sich zwar wie meist in deiner kleinen Wolke, aber man sieht immerhin, dass die Spitze von einem kleinen Schnee- und Eisgipfel bedeckt ist. Der höchste Berg der Türkei (5'165 m.ü.M.) ist unser Ziel für die nächsten Tage. Naja, und wer weiss, vielleicht stolpern wir ja auch noch über die Arche, welche, wenn man den Geschichten aus der Bibel glauben darf, hier „gestrandet“ sein soll.
Kurze Zeit später erreichen wir Dogubayazit, eine Stadt mit 70'000 Einwohnern am Fuss bzw. in den Ausläufern des Ararat. Auf Grund der staubigen und mit Schlaglöchern und Unrat übersäten Strassen, erinnert sie mich allerdings eher an Bolivien denn an die Türkei. Aber was solls, es ist beides weit weg von Zuhause. Leider beziehen wir etwas ausserhalb der Stadt eine eher schäbige Unterkunft. So können wir uns leider nicht wie im Reiseplan vorgesehen die Stadt näher anschauen. Dafür holen wir etwas vor. Wir besuchen den ca. 250 Höhenmeter über der Stadt gelegenen Ishak Pasa Palast. Dieser stammt aus dem 17. Jahrhundert. Erbaut wurde er vom Emir Ishak Pasa. Dieser war nach Angaben der Einheimischen offenbar zuständig für das Eintreiben von Steuern in der Region. Diese Tätigkeit allein hätte ihm allerdings keinesfalls ein Einkommen ermöglicht, um einen solchen Palast inkl. Minarett, Hamam, Harem, Toiletten (welche offenbar so anmächelig sind, dass diese sogar heute noch in Gebrauch sind, so zumindest sieht es aus und der Geruch bestätigt den Verdacht!) und vielen Spezialräumen (u.a. Kerkerkellern) zu bauen. Ja, sogar eine Zentralheizung im römischen Stil soll eingebaut gewesen sein. Insgesamt waren es doch ca. 360 Räume, eine grosszügige Anlage also, selbst für heutige Verhältnisse. Wenn man allerdings weiss, dass der Herr Pasa von den eingenommenen Steuern meist nur ca. Die Hälfte abgegeben bzw. weitergeleitet hat, so erklärt sich einem der Reichtum schon viel einfacher. Das erinnert einen schmerzlich daran, dass es auch heute vielerorts durchaus üblich ist, Steuergelder zu veruntreuen.
Oberhalb des Palastes findet man dann auch noch zwei Moscheen, die nicht direkt mit dem Palast zusammen gehören. Etwas versteckt hinter der oberen Moschee findet man dann erstaunlicherweise auch noch eine Art Picknick-Area. Zu Dutzenden sitzen hier Familien mit Freunden um Feuerstellen. Es wäre richtiggehend idyllisch, wäre nicht auch dieses ganze Areal mit Abfall zugemüllt. Ich würde mich hier nicht mal hinsetzen. Die aber verbringen ihre freien Tage auch noch freiwillig im Müll, was mir schwer verständlich ist. Nicht, dass es keine Abfalleimer gäbe, oder diese voll wären, sie werden einfach nicht benutzt.
Den Berggipfel oberhalb des Picknickplatzes kann man besteigen, was ich im Übrigen jedem empfehlen kann. Zuerst muss man durch eine Art künstliches Martinsloch steigen, das nicht unbedingt für „fülligere“ Personen geeignet ist. Oder sagen wir es anders, ich als Spargeltarzan komme gerade noch gut durch.
Danach kann man zuerst rechts eng den Felsen entlang kraxeln, dann in einem Felseinschnitt voller Geröll bis ganz hinauf auf den Gipfel. Für den Aufstieg wird man dafür mit einem fantastischen Ausblick weit über die Ebene und die Stadt belohnt. Ausserdem kann man die alten Festungsanlagen am Berg aus der Nähe begutachten.
Es ist übrigens möglich, den Berg auch zu umrunden. Allerdings sollte man dafür gutes Schuhwerk anhaben und sich nicht scheuen, auch mal an einem Ort wieder zurück zu klettern. Es ermöglicht einem aber einen Blick von ungewohnter Seite auf den Palast. Dabei sollte man es sich allerdings gut überlegen, ob es sich lohnt, dem kleinen Bauernhof neben der Strasse zu nahe zu kommen. Dieser wird, wie hier üblich, von Hunden bewacht... und die kennen kein Pardon und greifen an, wenn man zu nahe kommt. Es sei denn, man hat Steine in der Hand und ist auch gewillt diese, sofern nötig, als Wurfgeschosse einzusetzen. Bei mir hat es auf jeden Fall funktioniert (ohne dass ich die Steine tatsächlich werfen musste), ufff!
Bevor wir uns im Restaurant oberhalb des Palastes für ein Nachtessen treffen, lohnt es sich allemal den kleinen Friedhof dazwischen zu begutachten. Dort findet man die Gräber der Familienangehörigen des Ishak Pasa, grosse, wie auch winzig kleine.
Das Essen ist gewohnt ungewohnt, aber keinesfalls schlecht. Zumindest meines nicht, auch wenn der eine oder andere sich bis jetzt noch nicht ganz damit anfreunden konnte.
Die Nacht im Hotel hält dann einiges an Überraschungen bereit. So läuft bei mir zwar der TV, Sender kriegt man aber nicht rein (kein Wunder, fehlt doch das Antennenkabel). Die Fernbedienung wurde schon Jahre nicht mehr gebraucht, weshalb zuerst mal die bereits massiv ausgelaufenen Batterien ausgewechselt werden müssen, bevor der TV dann 3 Türkische (oder kurdische, so genau kann ich die nicht auseinander halten) preisgibt.
Die Betten sind mit Insektenleichen übersät (auch unter dem Bettüberwurf) und unter dem Kissen findet man zur Abwechslung Mäusekot. Dass die Maus zumindest noch lebt, merke ich dann nachts, als sie mir aus meinem Vorrat einen Teil eines Energieriegels abtransportiert. Ich sehe sie zwar gerade noch im Bettgestell verschwinden, doch muss sie sich derartig mit Energie aufgeladen haben, dass es unmöglich ist, ihr beizukommen.
Ein Glück habe ich meinen Schlafsack dabei. Ich nehme alles Bettmaterial von der Matratze und schlafe im Schlafsack dann doch noch gemütlich ein. Das anhaltende Knabbern und Rascheln der Maus kann ich glücklicherweise ausblenden und da die Maus offensichtlich keinen Appetit auf Gänsedaunen hat, ist am nächsten Morgen nur der Rest des Energieriegels verschwunden, den ich als Ablenkungsmanöver ausgelegt hatte – der Köder wurde also geschluckt.
Tag 4
Schon um 7 Uhr verlasse ich „meine“ kleine Maus. Nachdem sie sich die Nacht über den Bauch vollgeschlagen hat, möchte ich das nun nachholen. Das Essen ist erstaunlicherweise ziemlich gut, das hätte ich, dem Zimmerstandard nach beurteilt, nicht erwartet.
Eine Stunde später sind wir, verteilt auf zwei Land Rover, bereits auf dem Weg in Richtung Ararat. Unterwegs halten wir noch in einem kleinen Kurdendorf an, um etwas zum Trinken zu kaufen. Dabei bietet sich uns die Gelegenheit, eine Meisterin im Herstellen von Kuhfladenbrickets über die Schultern zu schauen. Ja, Kuhfladen werden hier zu Brennmaterial verarbeitet. Zum Kuhmist wird etwas Stroh beigemengt und der nach dem Mischen entstehende Fladen wird dann auf Dachflächen zum Trocknen ausgelegt, bis er zu einem harten Bricket wird. Im hier teilweise sehr kalten Winter wird das Material dann zum Heizen verwendet. Holz wäre zwar auch hier sicherlich gewünschter, doch gibt es davon leider nicht besonders viel und wenn es mal welches gibt, ist es viel teurer als der „Mist“ aus dem Stall.
Die Rover fahren uns über teilweise holprige, aber vor allem staubige Pisten (die Mitfahrer aus dem hinteren Rover können noch heute das Knirschen zwischen den Zähnen spüren) bis auf eine Höhe von 2200 m.ü.M. Doch es geht hier nicht gleich los. Zuerst müssen nämlich die Pferde noch beladen werden. Wir sind in der glücklichen Lage, dass unser Hauptgepäck nicht auf unseren Rücken den Berg hoch getragen werden muss. Dies erledigen die genannten Vierbeiner für uns.
Mir tun die armen Viecher allerdings etwas leid. Die kurdischen Jungs, welche die Pferde beladen, kennen keine Gnade mit den Tieren. Was die teilweise mageren Tiere schleppen müssen, grenzt aus meiner Sicht (ich bin allerdings kein Pferdekenner) an Tierquälerei. Ein Glück, habe ich nur das Allernötigste mit dabei und von dem nehme ich zu Trainingszwecken auch noch einen Teil in meinem Tagesrucksack selbst mit hoch.
Die Strecke bis zum ersten Basislager auf 3'350 m.ü.M entspricht eigentlich einem schönen Alpenspaziergang. Hier könnte man ohne weiteres auch mit leichten Trekkingschuhen rauflaufen. Ich habe allerdings nur die schweren Schuhe dabei und sehe es daher einfach als ein weiteres Zusatztraining an. Was aber wirklich beeindruckend ist, ist das Panorama, das sich langsam unter uns auftut. Die Weitsicht ist so gut, dass wir sogar bis in den Iran sehen. Das klingt doch echt gut, allerdings muss man wissen, dass die Grenze zum Iran nur ca. 30 Kilometer entfernt liegt. So unglaublich ist das also dann doch nicht, aber immerhin.
Es geht stetig bergauf. Man merkt, dass der Ararat ein ehemaliger Vulkan ist, nicht nur an der Art des herumliegenden Gerölls, sondern eben auch an der meist kontinuierlich gleichbleibenden Steigung.
Nach rund vier Stunden erreichen wir unser Tagesziel. Der Ararat zeigt sich allerdings auch heute nicht unverhüllt und behält wie eine türkische Bauchtänzerin seinen Wolkenschleier auf. Wir stellen die Zelte auf einer kleinen Wiese auf. Rund um uns liegen teils meterhohe, komplett schwarze, scharfkantige Felsblöcke. Glücklicherweise haben die Einheimischen hier schon einige Campingstellen in den Boden gegraben, so können wir heute Nacht auf einer nahezu horizontalen Fläche schlafen. Etwas weiter rechts von uns haben sich andere Reisegruppen ihre Zeltstadt aufgebaut. Alleine sind wir hier also sicher nicht. Immerhin haben wir einen so grossen Abstand, dass wir von den anderen aber eigentlich nichts mitbekommen.
Da es hier noch einen Wasseranschluss gibt (ein Wasserschlauch, der etwas weiter oben in einer Quelle steckt), ist es sogar möglich, sich zu waschen. Natürlich nehme ich die Gelegenheit wahr, muss allerdings auch mit den Konsequenzen leben – eiskalte Finger, eine schockgefrohrene Kopfhaut (ganz abgesehen von anderen kälteempfindlichen Körperstellen) und damit verbundenes herzhaftes Kopfweh und zu guter Letzt die Gefahr einer Erkältung wegen des fehlenden Föhns bzw. meiner nassen Haare. Aber was tut man nicht dafür, seinen neuen Schlafsack nicht zu verstinken.
Nachdem wir alle auch noch unsere Steigeisen richtig eingestellt haben, ruft unser einheimischer Küchenchef zu Tisch. Naja, Tisch ist etwas zu viel gesagt. Es handelt sich mehr um einige umgekippte Kisten mit einer Decke darüber. Doch was viel interessanter ist, ist was auf der Decke steht. Diverses Gebäck, Tee, Instantkaffee und einige verschiedene Kuchen. Den Instanttee mit Apfelgeschmack überlasse ich nach einem Testschluck, den ich im Übrigen schon bereue, bevor ich die Brühe runtergeschluckt habe, allerdings gerne den anderen. Er schmeckt in etwas so, wie er aussieht, leuchtgrün bzw. wie ein Stabilo-Boss-Marker in flüssiger Form und ich überlege krampfhaft, wo ich diese Geschmackszellen verödende Brühe wieder loswerden kann, ohne sie schlucken zu müssen (leider ohne Erfolg).
Frisch gestärkt wollen wir natürlich noch nicht in unseren Zelten verschwinden, wobei ich mich gerne in die weiche Penntüte eingebettet hätte. Aber es reizt mich, ebenso wie die anderen, noch einen kleinen Trip in die Höhe zu unternehmen. Dabei kraxeln wir kurzfristig auf 3'600 m.ü.M., legen dort eine kurze Pause ein und gehen dann wieder zurück. Das dient nicht nur der Akklimatisation, sondern ist auch sonst echt empfehlenswert, da man so an sehr schöne Fotomotive bei tiefstehender Sonne kommt. Abgesehen davon lässt es sich bei diesen Spaziergängen (jeweils ohne Rucksack) wunderbar schwatzen. Ein kleiner Wermutstropfen bleibt aber. Leider schaffen es die Einheimischen auch hier nicht, den Abfall wieder den Berg hinunter zu transportieren. Was man ja schon vom Himalaya weiss, ist leider auch hier der Normalfall. Auch wenn wir massiv tiefer unterwegs sind – überall liegt Abfall herum. Teils halb verbrannt, teils einfach hinter einen Felsblock geschmissen. Sehr schade eigentlich, denn ich würde auch etwas mehr bezahlen, wenn mein Abfall nicht auf dem Berg bleiben würde. Ein anderes Problem wäre auch noch zu lösen: die Toiletten. Viele Touristen ergibt viele „Sitzungen“. Auf Grund der anhaltenden Trockenheit bzw. auch wegen der tiefen Temperatur werden die Überbleibsel nicht abgebaut und bleiben der Nachwelt lange erhalten.
Als wir das Zeltlager wieder erreichen, geht die Sonne gerade unter. Auf dieser Höhe ist es wie auf dem Altiplano in Bolivien. Sobald die Sonne verschwindet, wird es saukalt. Das ist jetzt etwas übertrieben, aber anständig frisch kann man durchaus sagen. Darum ist es auch unbedingt nötig, dass ich mir vor dem Nachtessen noch kurz etwas Wärmeres überziehe. So kann ich dem Essen auch den Respekt entgegenbringen, den es verdient. Unser Koch ist echt unschlagbar. Er serviert neben frischem Salat mit Fladenbrot auch Suppe und Teigwaren, dazu gekochte Peperoni, die mit fein gewürztem Fleisch gefüllt sind.
Mit dickem Bauch und völlig satt wälze ich mich ins Zelt zurück. Ein kleiner Schluck Raki, dem einheimischen Schnaps, und ich bin auch noch desinfisziert. Ein hochprozentiger Schnaps hat seine Wirkung noch nie verfehlt, zumindest bei mir nicht!
Nebenbei: Unser Zelt ist ja auch nicht gerade der Hammer. Das Aussenzelt ist an mehreren Stellen beschädigt. Würde es richtig stürmen oder regnen, wir sässen in einer Dusche. Glücklicherweise hält sich Petrus aber zurück und so wird es einfach etwas kühler, weil das bisschen Wärme auch noch durch die Löcher abhaut. Die Temperatur beträgt in der Nacht um -2°C. Nicht wahnsinnig tief, aber doch ideal, um meinen Schlafsack und das Downmat zu testen. Dass das Downmat wirklich gegen unten isoliert, merke ich ziemlich schnell., als ich per Zufall meine Beine neben der Matte positioniere. Nicht lange und unangenehme Kälte kriecht mir die Beine hinauf. Als ich aber endlich gut eingerichtet bin, schlafe ich wie ein Murmeltier.
Das hingegen können nicht alle von sich behaupten. Einer unserer Alpinfraktion hat es gar ganz böse erwischt. Er muss gleich mehrmals aufstehen und sich übergeben. Ob das wohl an der Höhe liegt? Dann kann es für ihn aber noch heiter werden, denn in den folgenden Tagen geht's noch weiter rauf.
Tag 5
Den heutigen Tag lassen wir gemächlicher angehen. Erst um 8 Uhr stehen wir auf. Dem Einen oder Anderen ist eine unruhige Nacht anzusehen, aber im Grossen und Ganzen ist die Gruppe noch durchwegs gut beisammen. Zum Frühstück gibt es Brot mit Konfitüre, Nutella, Kaffee, Tee (auch Leuchttee natürlich), Milch (in Pulverform). Da kann man nicht klagen.
Gut 1.5 Stunden später ist alles wieder in den Rucksäcken und auf den Pferden verstaut und wir ziehen los. Waren die Wanderstöcke gestern noch ziemlich nutzlos, so ist es heute durchaus ratsam, diese zu Hilfe zu nehmen. Und dann tritt ein, was ich ggf. Auf der Nordringumfahrung Zürichs und den Ringautobahnen um Milano erwartet hätte, aber sicher nicht hier – Stau am Ararat!
Vor uns laufen zwei relativ langsame Gruppen. Es ist nicht so, dass wir massiv schneller laufen würden, aber auf Grund der so entstehenden langen Kolonne gibt es richtig gehendes Stop-and-go. Das ist sehr unangenehm, kann man doch nicht sein gewohntes Tempo einhalten. Allerdings hat man dafür umso mehr Zeit zum Schwatzen. Ausserdem gibt es auch immer wieder tierische Unterbrechungen. Einerseits streben unbeladene Pferde in rasantem Tempo den Berg hinauf, um Material vom oberen Camp ins untere bzw. ganz nach unten zu transportieren. Viel heikler als diese sind allerdings die schwer beladenen Pferde, welche von unten herannahen. Trotz ihrer Monsterbeladung laufen sie massiv schneller als wir (ok, die sind wohl auch etwas mehr akklimatisiert, als wir, und zudem haben die 4-Bein-Antrieb). Man sollte den Pferden aber auch deshalb aus dem Weg gehen, weil sie einen einfach beiseite schieben mit ihrer Masse und das kann je nach Stelle sehr unangenehm werden. Da wir aber so oder so immer am Geniessen der Aussicht sind, bemerken wir das Herannahen der Tiere immer früh genug.
Das Wetter ist auch heute voll auf unserer Seite. Nicht nur, dass der Hut des Ararat beinahe gelüftet ist, auch sonst ist der Himmel wolkenlos und die Sicht fantastisch. Der Weg selbst wird immer steiniger. Es findet sich kaum noch ein Grashalm zwischen den Felsen. Kein Wunder übernachten die Pferde höchstens auf Höhe des ersten Basecamps bei der Wiese und nicht oben.
Je weiter man sich dem zweiten Basecamp nähert, desto grösser und farbiger wird der Canyon neben der Besteigungsroute. Orangefarben bis weinrote und schwarze bis graue Felsschichten wechseln sich ab und von oben glitzert das Weiss der Schneekappe runter.
Viel zu früh erreichen wir das zweite Basecamp. Jonas und ich hätten noch Stunden so weiter laufen können. Wir haben uns aber auch gut unterhalten. Zu gut, wie sich heraus stellen sollte. Der bündner Guide kommt etwas später zu uns und ermahnt uns, am nächsten Tag nicht mehr so viel zu quatschen. Das demotiviere die anderen. Die anderen haben sich auf jeden Fall nicht beklagt. Ich war wohl nur unsere Geschwätzigkeit auf den Geist gegangen. Sein Pech.
Inzwischen haben wir ja Übung im Aufstellen unserer Zelte und so sitzen wir schon bald am improvisierten Tisch bei Konfekt und Tee. Die einen äussern Bedenken, ob sie den Gipfel morgen schaffen werden. Ich mache mir derweil weniger Sorgen, ob ich raufkomme, sondern eher, wie ich wieder runterkomme. Ich hatte nur zwei Wochen vor dieser Tour einen kleinen Motorradunfall in den Pyrenäen, bei welchem ich mir das Knie massiv gestaucht hatte. Nach zwei Untersuchungen beim Arzt laufe ich nun daher mit Stützbandage und speziellen Gelenkbanden. Rauf war, wie gesagt, kein Problem. Das Runterlaufen macht mir aber wirklich etwas Kopfzerbrechen. Aber das kommt ja erst morgen.
Auch heute machen wir einen zusätzlichen Höhentrip. Diesmal geht es auf ca. 4'550 m.ü.M. Es ist diesmal besonders gut, dass wir die Strecke laufen, um sie etwas kennen zu lernen. Immerhin werden wir morgen relativ früh in der Nacht loslaufen. Dann ist alles dunkel und so können wir uns heute ein Bild machen, was uns erwarten wird.
Die Aussicht ist noch besser als am Vortag (Was an sich schon etwas schwer vorstellbar ist) und ich geniesse jede Stufe – und davon hat es zum Glück echt viele! Die Felsbrocken weisen teils sehr scharfe Kanten auf, weshalb es bei der nächtlichen Besteigung sicherlich besonders zu empfehlen ist, die Stöcke und gute Handschuhe zu tragen. Dafür hat man nun viel Zeit, auch den kleinen Ararat zu bestaunen, welcher nicht weit entfernt ein einsames Dasein fristet, denn er ist um einiges weniger hoch und daher auch weniger begehrt bei den Touristen.
Einzelne unserer Gruppe sind ziemlich ruhig auf unserem Nachmittagsausflug, und ich denke vor allem deshalb, weil sie sich den Berggipfel zu sehr als Ziel genommen haben. Mir ist es eigentlich egal, ob ich den Gipfel erreichen werde oder nicht, er war nicht mein grundsätzliches Ziel. Ich hatte vor allem an der Aktion an sich Freude. Die „Bezwingung“ wäre nur das Tüpfchen auf dem i, aber das i wäre auch so da!
Als wir wieder zurück im Lager sind, packen wir unsere Tagesrucksäcke für den Gipfeltag. Die Steigeisen werden eingepackt, Wärmebeutel und Sonnencreme vorbereitet, Energieriegel verstaut und natürlich die Handschuhe und Kappe bereitgelegt. Dazu unerlässlich ist auch eine gute Stirnlampe. Ohne die würde es auf diesem felsigen, steilen Weg ziemlich schwierig. In meinem Fall suche ich zudem noch alte Socken heraus und lege mir auch noch die Linsen bereit. Ich möchte morgen nicht mit einer Brille rauf laufen, das ist vor allem bei starkem Wind eher unangenehm.
Inzwischen bilden sich schon im Zelt kleine Dampfwölkchen beim Ausatmen. Ein klares Anzeichen, dass es bereits ziemlich abgekühlt hat. Wir sind ja auch um einiges höher als gestern. Ein Glück werden wir schon bald ins Küchenzelt zum Essen gerufen. Unser Koch hat mit einfachsten Mitteln wieder etwas herrlich fein duftendes hingezaubert. Ich frage mich inzwischen immer mehr, wie der das macht, komme aber nicht hinter sein Geheimnis.
Es gibt gekochte Hühnerschenkel, Pommes und natürlich Salat. Eigentlich schade, dass nicht alle das feine Essen geniessen können, denn es grassiert offenbar die Übelkeit (Auf Grund des schnellen Höhenanstiegs). So egoistisch es klingen mag, aber mir kommt es gelegen, kriege ich so doch eine etwas grössere Portion ab, als mir ursprünglich zugedacht war.
Auch heute darf natürlich der grosse Schluck Raki nicht fehlen, da bin ich abergläubisch. Allerdings ist der Geschmack etwas gewöhnungsbedürftig, handelt es sich doch um eine Art Anisschnaps. Und mit Anis hatte ich es noch nie so wirklich. Trotzdem haben Jonas, mein Zeltnachbar, und ich das allabendliche Rakiritual (die Rakiparty) ins Leben gerufen und verinnerlicht, um uns vor Montezumas Rache zu schützen- und das bisher auch erfolgreich.
Die Falsche habe ich extra im Rucksack mit hinauf geschleppt (wobei das ja keine besondere Leistung war). Nach dem unausweichlichen Schluck stehen wir in einer kleinen Gruppe noch längere Zeit draussen, diskutieren über Gott und die Welt, bis bei mir auch der letzte Knochen schlottert. Ein untrügliches Zeichen, dass es höchste Zeit ist, in die Federn zu kriechen.
Völlig ausgekühlt packe ich mich nicht nur in den Daunenschlafsack, sondern hülle mich auch noch in den kleinen „Reactorliner“ für besonders „kühle Anlässe“. Immerhin herrscht in unserem Zelt ein Sturm mit Windstärke 12 (naja, fast). Der Wind hat leider die vielen Fehlstellen im Zelt zielsicher gefunden und es fühlt sich an, als würde ein riesenhafter Fön mit minus-10-grädiger Luft ins Zelt blasen. Der ideale Moment also, um das kleine Teil zu testen. Ich verschliesse die Kapuze so, dass gerade noch mein Mund raus ragt und schlafe bald ein.
Dass die Hersteller dieses kleinen Innenschlafsacks bei der Leistungsfähigkeit es „Liners“ nicht gelogen haben, stelle ich knappe zwei Stunden später fest, als ich völlig überhitzt aufwache und panikartig den Schlafsack aufreisse, um nicht einen Hitzschlag zu erleiden – wohlbemerkt, das Ganze bei inzwischen -15°C! Den Rest der leider viel zu kurzen Nacht schlafe ich dann wieder erholsam durch. Ein wahres Glück, wenn man den anderen glauben darf. Die wenigsten haben offenbar überhaupt ein Auge zugetan, andere wiederum haben sich das (Wahrscheinlich gar nicht eingenommene Essen) nochmals durch den Kopf gehen lassen – und das z.T. mehrmals.
Tag 6
Irgendwann, als ich gerade in einer Tiefschlafphase rumeiere, also um zwei Uhr nachts, werde ich von Jonas aus dem Schlaf gerissen. Offenbar hat jemand gerufen. Nun fängt es also tatsächlich an. Mit etwas zittrigen Händen mache ich im Lichte meiner Stirnlampe die Linsen bereit. Jetzt zahlt es sich aus, dass ich die Erfrischungstücher der Airline eingepackt habe. So kann ich meine verschmutzten Finger reinigen, bevor ich mir die Linsen reinhaue.
Die erste geht rein, als wäre mein Auge ein Magnet. Die zweite ist dagegen so störrisch wie ein Motorradgetriebe, bei welchem man bei 120km/h den 1. Gang einlegen will, und das ca. 20 Minuten lang. Ein Glück, haben die meisten anderen den Weckruf dann doch irgendwie verpasst (waren wohl zu intensiv mit übergeben beschäftigt).
Eigentlich wäre es aber auch die Aufgabe unseres Tourenguides gewesen, sicherzustellen, dass auch jene geweckt werden, die mit ihrem Zelt etwas abseits lagern. Das sieht Paul aber offenbar anders, er vergisst tatsächlich zwei unserer Gruppe zu wecken, was verständlicherweise zu einigem Unmut bei den Teilnehmern führt, da sie sich nun unter Zeitdruck fertig machen müssen.
Ich fülle noch schnell meine Thermoskanne mit heissem Tee, ein absolutes Muss in dieser Kälte, und schon geht es los. Im kalten Licht der LED-Lampen bewegt sich die kleine Schlange unserer Gruppe nun langsam den Berg hinauf. Vor uns in der Höhe schlängeln sich kleine Lichterraupen jener Gruppen, welche pünktlich aus dem Lager losmarschiert sind, dem engen Pfad entlang in Richtung Gipfel.
Schon nach Kurzem habe ich einen Hitzestau und Erinnerungen an die vorangegangene Nacht werden wach. Ich habe es offensichtlich zu gut gemeint und mich zu warm angezogen. Doch ich möchte auf keinen Fall zu fest ins Schwitzen geraten. Daher nehme ich mir kurz Zeit, anzuhalten und die unteren Schichten auszuziehen. So ist es dann schon gleich viel besser, denn die Wärme alleine, die ich beim Laufen produziere, hält mich unter der guten Jacke warm. Ich brauche die ersten 1.5 Stunden sogar nur dünne Wollhandschuhe. Erst als der Wind richtig zu fauchen beginnt und man sich nur noch mit dem Rücken zum Wind und schreiend unterhalten kann, stelle auch ich um auf die dicken Handschuhe. Ausserdem klebe ich kleine Wärmesohlen in die Schuhe, welche die Zehen warm halten. Grössere Wärmebeutel habe ich zudem in den Hosensäcken und den Jackeninnentaschen.
Ein kleiner Tipp für Dauerhungrige: Da man während des Laufens idealerweise immer wieder etwas isst oder trinkt, habe ich es mir angewöhnt, meine Energieriegel bei tiefen Aussentemperaturen in der Hosentasche vorzuwärmen. Würde ich das auslassen, würde ich beim Versuch, einen Happen des Stengels abzubiessen, entweder verhungern oder mir mit grösster Sicherheit die Zähne ausbrechen. Ausserdem gefrieren isotonische Getränke erst bei tieferen Temperaturen als z.B. ungesüsster Tee. So trinke ich anfangs noch „eisgekühltes“ Isostar, denn in dieser Höhe verliert man unter Belastung sehr viel Feuchtigkeit, weshalb man unbedingt genügend Trinken sollte.
Leider muss ein Gruppenmitglied die Besteigung auf halbem Weg abbrechen. Den Grund, eine noch nicht ganz verheilte Rückenverletzung, erfahren wir allerdings erst später. Paul, unser Guide an der Spitze, interessiert dies aber ohnehin nicht. Wir bekommen den Eindruck, dass er wohl eher an seiner eigenen erfolgreichen Gipfelbesteigung interessiert ist. Denn Trotz intensives Bitten hat er keinen der drei mitlaufenden, einheimischen Guide-Assistenten bestimmt, der zurückbleiben sollte. So hätte dieser sicher stellen könne, dass bei ernsthaften Problemen (z.B. Kreislauf) nichts Fatales passieren kann. Er läuft jedoch einfach weiter und überlässt den langsam immer weiter Zurückfallenden seinem Schicksal. Zu dritt können wir den gesundheitlich Angeschlagenen dann wenigstens davon überzeugen, so lange mit dem Abstieg zu warten, bis es Tag wird oder zumindest nicht alleine herunterzusteigen.
Langsam beginnt sich der Himmel zu lichten, doch der Wind braust uns immer noch ungebrochen um die Ohren. Ich habe längst meinen „Kopfpariser“ (Wind- und Kälteschutz-Kopfhaube) montiert. Doch auch so ist mein Kinn zu wenig geschützt und die obersten Hautschichten werden sich später wie feine Folien abziehen lassen. Als die Sonne aber über den Horizont steigt und alles mit einem frischen, sauberen Licht überflutet, ist alle Anstrengung und auch meine abgefrohrene Haut vergessen. Das erste Mal, seit wir in der Region des Ararat sind, ist der Himmel über dem Berg bzw. auch über dem Gipfel wolkenlos, als hätte er sich extra für uns herausgeputzt und von seinem für uns unschönen Wolken-Anhängsel getrennt. An sich dürfte mich das ja nicht wundern, schliesslich profitiere ich seit Jahren von aussergewöhnlichem Wetterglück auf meinen Touren und Reisen. Als ich so Stufe um Stufe den Berg erklimme, kommt mir die Erleuchtung. Warum eigentlich nicht das „Wernersche-Reisewetter“kommerziell nutzen? Denn wo ich hinreise, da ist schönes Wetter. Das liesse sich sicherlich gut vermarkten.
Evtl. Macht sich bei mir aber auch die Höhe bzw. die dünne Luft langsam bemerkbar, daher lass ich den Gedanken vorläufig sein. Das Licht ist schon so hell, dass wir weit ins Land hinaus sehen können. Inzwischen ist es 6 Uhr und wir haben den Platz erreicht, an welchem man auf Steigeisen wechselt. Dies wäre heute nicht zwingend erforderlich, aber sicher ist sicher.
Die letzten paar hundert Höhenmeter laufen sich fast von alleine. Es geht wunderbar leicht, denn hier hat es keine Felsbrocken mehr und daher kann man ein gleich mässiges Tempo beibehalten. Hier trennt sich auch die Gruppe. Die einen gehen schneller, die anderen etwas langsamer, halt jeder in seinem Tempo.
Viel zu kurz ist die schöne Strecke und dennoch freut es mich, schon bald oben zu sein. Während ich auf die anderen warte, nutze ich die Zeit, um einige Film- und Foto-Aufnahmen zu machen. Auf dem Land unter uns zeichnet sich der Schatten des Ararat als symmetrischer Kegel ab und verdeutlicht noch einmal den vulkanischen Ursprung dieser Berges. Auch sieht man zwischen dem kleinen und dem grossen Ararat überall kleine Vulkankegel, die man von unten gar nie wahrgenommen hat.
Ach ja, nur so nebenbei: Man sollte es sich gut überlegen, bevor man sich die Handschuhe auszieht, es könnte böse Folgen haben. Als ich für einen anderen „Bezwinger“ ein Gipfelfoto schiessen soll und dafür einen Handschuhe abziehen muss, rutscht mir dieser aus der Hand. Blöderweise hab eich die Schlaufe nicht um das Handgelenk, und eine Windböhe bläst ihn gleich weg. Nur durch einen unsanften Bodycheck gegen einen im Weg stehenden Bergsteiger und einen anschliessenden beherzten Hechtsprung kann ich verhindern, neben meiner Kinnhaut auch noch einige Finger opfern zu müssen! Dummheit (oder eben auch Fahrlässigkeit) wird hier übel bestraft.
Nach ca. 30 Minuten Gipfelpause machen wir uns alle wieder auf den Rückweg. Nun steht mir eigentlich die grösste Herausforderung bevor. Nach einem Aufstieg von 4'100 m auf 5'165 m folgt nun der Abstieg zurück ins Basecamp 2 auf 4'100m. Dort ist eine kleine Pause geplant, in der wir die Zelte und unser Material packen werden, dann soll es weitergehen, vorbei an Basecamp 1 (3'200 m) bis runter zum Startpunkt am Fuss des Ararat.
Es ist offenbar nicht Pauls Tag heute. Denn dass ich langsamer laufe, ist eine Sache, aber dass er mich einfach stehen lässt, ist für mich etwas, dass ich eigentlich nur von einem unerfahrenen Guide hätte erwarten können. Er läuft jedoch mit der Gruppe soweit voraus, dass ich die Gruppe nur noch auf Grund meines jahrelangen Spurenlesetrainings und einer guten Portion Orientierungssinn wieder finde (eine Karte habe ich nicht zur Verfügung).
Von jemandem, der sich SAC-Tourenführer und Guide auf Auslandreisen einer Kletterschule nennt, hätte ich ein anderes Verhalten erwartet. Jeder Pfadfinderleiter mit ein oder zwei Jahren Erfahrung hätte diesen Tag besser gemeistert, als er. Es sind schlichtweg Basics der Menschenführung, die er leider nicht beherrscht oder zumindest nicht anwendet. Er mag ein noch so guter Bergsteiger sein, ein Gruppenleiter ist er definitiv nicht.
Nach gut 2.5 Stunden Wanderung finde ich die Gruppe also wieder und wir machen noch ein Gruppenfoto, bevor wir mit den Jeeps wieder zum Hotel fahren.
Tag 7
Nach unserem „erfolgreichen“ Bergtag geht es heute in Richtung Norden, leider ohne den ursprünglich im Angebot angepriesenen Hamambesuch (wobei ich einen solchen aber unbedingt empfehlen kann, am besten gepaart mit einer guten Sportmassage der Beine).
Vor unserer Abreise muss auf jeden Fall noch ein Stopp bei der Migros eingelegt werden, denn ich brauche zwingend noch eine gute Hautcreme für mein Kinn.
Bevor wir die Grenzregion ganz verlassen, führt uns Paul noch in ein Museum, welches sich mit der kriegerischen Auseinandersetzung zwischen Türken und Armeniern beschäftigt. In diesem werden dann vor allem die Gräueltaten der Armenier an den Türken sehr detailliert fotografisch festgehalten. Leider sind die anderen Gräueltaten (Welche in der EU i.A. als Genozid an den Armeniern erwähnt werden) der Türken nirgends erwähnt. Dies ist insofern nachvollziehbar, als es in einem armenischen Museum wohl einfach genau anders herum dargestellt worden wäre. Wie heisst es doch: Die Geschichte wird immer von Siegern geschrieben, und in diesem Fall haben ja bekanntlich bisher die Türken die Oberhand behalten.
Im Zusammenhang mit dieser Propagandaveranstaltung kann ich immerhin einen kleinen persönlichen Erfolg verbuchen. Im Gegensatz zu vielen anderen, die schon lange und verzweifelt nach der Arche Noah suchen, habe ich die Arche aus Holz gefunden. Zudem ist sie noch in einem sehr guten Zustand, was gemessen an deren biblichen Alter sehr verwunderlich ist und mich ob ihrer Echtheit natürlich etwas stutzig werden lässt. Sie ist zwar auch nicht ganz so gross, wie ich sie mir vorgestellt hatte, immerhin musste Noah doch eine Unzahl Tiere auf ihr einquartieren. Ich habe dazu allerdings eine Theorie, wie das gegangen sein könnte: Und zwar gehe ich davon aus, dass wohl alle Lebewesen früher um einiges kleiner gewesen sein müssen als heute (wie wir Menschen ja auch). Im Zusammenhang mit besserer Ernährung und medizinischer Versorgung sind ja die Menschen immer grösser gewachsen. So muss es dann wohl auch bei den Tieren gewesen sein.
Unsere Weiterfahrt führt uns heute mehrfach sehr nahe na der Armenischen Grenze entlang. Ich kann mich erinnern, dass ich als Kind einmal den eisernen Vorhang bei Bratislava besuchte und von den Grenzwachposten auf das Schärfste mit den Feldstechern beobachtet wurde. So ähnlich fühlt man sich auch hier. Auf der Hügelkette, welche uns eine ganze Zeit lang begleitet, stehen im Abstand von vielleicht jeweils einem Kilometer hohe Wachtürme, bestehend aus seiner Plattform mit kleiner Schuhschachtel als Häschen auf einem Stahlskelett.
Doch nicht nur Militär hat diese Gegend zu bieten. Eine kleine, aber besondere Sehenswürdigkeit ist z.B. Ein kleines Salzbergwerk. Bergwerk ist in diesem Fall evtl. Etwas hoch gegriffen. Es handelt sich um einen Stollen, der vielleicht 100 Meter in die Bergflanke getrieben wurde. Hinter dem LKW-hohen Eingang öffnet sich eine riesige Halle mit mehreren Seitenstollen. Doch so interessant der Stollen auch sein mag, aus meiner Sicht findet man die meisten Besonderheiten ausserhalb der Höhle. Einerseits sind da Ausbrüche mit bis zu 30 Zentimeter langen Stalaktitenbildungen aus Salz an den Decken der Salz“zimmer“. Andererseits findet man blumenkohlartige Salzausblühungen an den senkrechten Wänden beim Eingang. Oder aber auch messerscharfe Auswaschungen, die umso durchsichtiger werden, je dünner die „Salzklingen“ werden.
Unterwegs halten wir an einem kleinen Kebap-Stand. In dessen Garten geniessen wir einen feinen Döner, wie man ihn sich vorstellt. Allerdings ist dieser viel aromatischer und halt echt türkisch. Wir treffen per Zufall auf eine Gruppe Soldaten, die auf dem Weg an die Grenze hier Pause machen. Leider kann keiner von ihnen eine Fremdsprache, so bleibt es bei Zeichensprache – und sehr gesprächig sind die Herren so oder so nicht.
Die weitere Rückfahrt nach Kars führt uns durch wunderschöne Gegenden. Vor allem die Täler an der D080 nach Igdir weisen super schöne Farben auf. Als Schweizer, aufgewachsen in einem kleinen, engen Land, fasziniert mich natürlich auch die unglaubliche Weite der Flächen. Und als Töfffahrer glänzen mir die Augen, wenn ich an all die Off-Road-Strecken denke, die sich hier durch das weite Land ziehen.
Endlich in Kars angekommen, können wir aufatmen. Die Zimmer sind in einem sehr guten Zustand, also eine ganz andere Klasse, als jene in Dogubayazit. Es hat frische Badetücher und ein frisch gemachtes Bett (das auch wirklich frisch riecht).
Um noch möglichst viel von dieser Gegend zu sehen, mache ich einen Spaziergang quer durch die Stadt. Vom Hotel aus wandere ich bis zum alten Bahnhof, wo ich mich nur durch gutes Verhandlungsgeschick aus einer laufenden Wasserschlacht einiger Jungs heraushalten kann. Auf dem Weg quer durch die Stadt sehe ich eine alte Frau unter einem Apfelbaum sitzen und an einer Decke nähen. Ich spaziere zu ihr hin und sie erzählt mir mit Händen und Füssen voller Stolz, dass sie schon die ganze restliche Decke (welche eindrückliche Ausmasse hat) von Hand genäht hat. Wenn man hier offen und freundlich auf die Leute zugeht, so begegnen sie einem in der gleich Art. Genau das kann ich auch einige Blocks später bei einer grossen Baustelle feststellen. Zwei Arbeiter sind dabei, Armierungseisen für den Betonbau von Hand abzulängen. Ich komme schnell mit ihnen ins Gespräch (mit Händen und Füssen, aber das bin ich mir ja inzwischen gewohnt). Sie fragen mich, ob ich auch mal probieren wolle – was für eine Frage, klar will ich! Und schon stehe ich mit einer riesigen Zange und einem Armierungseisen in der Hand da. Ich solle noch ein Foto machen, bitten sie mich. Ein Wunsch,, den ich noch so gerne erfülle. Die LKW-Mechaniker nebenan, die gerade auf abenteuerliche Weise einen Reifen wechseln, laden mich ebenfalls ein, bei ihnen eine Pause einzulegen und ihnen zuzuschauen. So geht die Zeit schnell vorbei.
Erst nach gut zwei Stunden erreiche ich die grosse, strategisch ideal platzierte Zitadelle oberhalb der Stadt. Es kostet nur ein kleines Eintrittsgeld zur Besichtigung und bietet sogar ein kleines Kaffee mit einer wunderbaren Aussicht über die Stadt. Auf dem Weg durch die Stadt werde ich noch von einigen Jungs zum Mitspielen beim Fussball animiert, wobei ich natürlich gegen die ballsicheren und wahnsinnig flinken Könner zu deren Amusement hoffnungslos den Kürzeren ziehe. Trotzdem oder gerade deswegen gefällt mir die offene Art dieser Leute und auch sie bedanken sich für meine (Eher schon etwas peinliche) „Ballkunsteinlage“.
Auf dem Weg zum Hotel kaufe ich in einer kleinen Seitenstrasse noch ein grosses Stück Käse, welches ich den anderen Tourenteilnehmern zum Nachtessen mitbringe. Ausserdem besorge ich auch noch einen anatolischen Honig im Glas. Im Glas deshalb, weil man auch gleich ganze Bienenwaben kaufen kann, welche man dann selbst ausschwingen kann, sozusagen „instant-Honig“. Allerdings ist der Transport etwas mühsam und die teilweise noch an den Waben klebenden „Bienenleichen“ fördern auch nicht unbedingt jedermanns Appetit auf Honig, wenn dieser auch noch so lecker sein sollte. Die Bedienung hält das Niveau, was die Freundlichkeit im Vergleich mit den anderen Leuten dieser Stadt angeht. Hier sind die Leute interessiert an anderen Personen, Kulturen oder schlicht an Neuem. Ich fühle mich hier sehr willkommen.
Ach ja, übrigens: Will man keinen Ärger mit der Armee bekommen, so sollte man die eigene Fotokamera in der Nähe von Kasernen (und davon hat es hier eine besonders Grosse mitten in der Stadt) lieber in der Tasche lassen. Das Fotografieren von militärischen Anlagen, Fahrzeugen oder Soldaten ist strengstens untersagt und wer sich nicht daran hält, der muss mit der „Enteignung“ der Kamera rechnen, sofern er erwischt werden sollte. Wer's nicht lassen kann, der sollte aus der Hüfte Fotos schiessen können, oder aus einer sicheren Distanz und unbemerkt.
Tag 8
Ani, eine vergangene Weltstadt. Die stattliche Anzahl von 100'000 Einwohnern wohnte hier und das im 10. Jahrhundert. Man stelle sich das vor! Zu dieser Zeit herrschte bei uns tiefstes Mittelalter. Zürich währenddessen erhielt zu dieser Zeit das Stadtrecht, denn es wies damals eine Bevölkerungszahl von ca. 10'000 auf. Währenddessen sollen sich in Ani immerhin 1'000 Kirchen befunden haben. Das macht 100 Einwohner pro Kirche! Leider wurde die Stadt durch ein Erdbeben 1319 zerstört, danach wurde seine Existenz vergessen und erst später wieder entdeckt. Heute stehen noch ca. 5 Kirchenruinen, mehr oder weniger gut erhalten. Ausserdem stehen grössere Teile der rund 2.5 Kilometer langen, ca. 6 Meter hohen und mehrere Meter breiten Stadtbefestigungsmauer.
Besonders beeindruckend ist die Ruinenstadt auch deshalb, weil sie genau am Grenzfluss zu Armenien liegt und man die Wachtürme auf der anderen Flussseite von Auge schon gut erkennen kann. Besonders heutzutage, wo der Tourismus eine interessante Devisenquelle darstellt, ist Armenien immer mehr daran interessiert, sie zurück zu erhalten. Denn es handelte sich ursprünglich um eine armenische Stadt. Und Armenien als ziemlich armes Land könnte diese Devisen gut gebrauchen.
Wir wandern durch die Ruinen, bestaunen die gute Baugenauigkeit der übrig gebliebenen Kirchen und versuchen uns vorzustellen, wie sich das Leben hier wohl abgespielt haben mag.
Es ist heiss und trocken und bevor wir uns wieder im kleinen Bus auf den Rückweg machen, laufen wir noch einen Kilometer zu einem kleinen, kurdischen Ort. Dort kaufen wir im lokalen kurdischen Lädelchen eisgekühlte Fruchtdrinks, die ich echt nur empfehlen kann. Diese schmecken wirklich viel leckerer als unsere Limonaden. Hier ist in einem Nektarinensaft wirklich Nektarinensaft und nicht wie bei uns nur 4% und der Rest aus Konzentrat!
Auch hier sehen wir überall die grossen Lager von Mistziegeln, die im Winter zum Heizen gebraucht werden. Naja, der Winter in diesen Gegenden ist ziemlich kalt und ausserdem nicht mehr allzu weit entfernt. Wer jetzt noch kein Lager hat, der wird gegen Ende des Winters eine harte Zeit in Betracht ziehen müssen.
Im Hotel zurück packen wir alles zusammen, denn heute geht es noch nach Erzurum weiter. Von dort soll es morgen nach Istanbul zurück gehen. Leider, ja leider habe ich nun mein Motorrad nicht dabei. Die Gegenden sind so schön, dass ich desöftern Anhalten würde, nur um kurz ein Foto zu machen oder zumindest die Aussicht, den Wind und das Rauschen auf mich wirken zu lassen. Aber das geht in einem Büsschen natürlich nicht. Ein Grund, ein anderes Mal auf zwei Rädern wieder hierher zu kommen.
Bevor wir in Erzurum wiederum in einem sehr guten Hotel unsere Betten beziehen können, gehen wir noch einmal alle zusammen essen. Kleiner Tipp dabei: Wer sich nicht daran gewohnt ist, scharf zu essen, der sollte seinen Kebap nicht mit „scharf“ bestellen, geschweige denn freiwillig in eine Chilischote beissen. Das könnte übrigens im schlimmsten Fall mit einem Kreislaufkollaps enden. In unserem Falle geht es glücklich aus und Paul läuft nur purpurrot an, hustet sich beinahe die Seele aus dem Leib, kann es aber gerade noch zurückhalten, sich zu übergeben.
Tag 9
Nach einem guten Flug geniessen wir heute unseren letzten Tag in der Türkei. Da will ich natürlich noch soviel wie möglich sehen. Also gibt es einen Besuch in der wirklich sehr empfehlenswerten Zisterne unterhalb des Zentrums von Istanbul, in der Nähe der blauen Moschee. Dabei handelt es sich um ein altes Trinkwasserreservoir von ca. 100'000 Kubikmetern Volumen, welches vor langer Zeit gebaut wurde, dann vergessen ging und später wieder entdeckt wurde. Nun ist es für Besucher zugänglich und alleine schon durch seine Beleuchtung und die so entstehende, spannende Stimmung unbedingt einen Besuch wert.
X Steinsäulen mit Durchmessern von ca. 1/2 Meter stützen die darüber befindliche Stadt. Es ist halb dunkel und im ca. 30 Zentimeter hohen Wasser schwimmen Fische unterschiedlichster Grösse. Bei zwei Säulen hat man ausserdem zwei griechische Medusenköpfe gefunden. Deren Ursprung ist bis heute nicht genau geklärt udn daher sind sie umso interessanter.
Wem dies nicht zusagt, der kann sich ganze Tage am grossen Bazar verweilen. Einen solch grossen Bazar habe ich echt noch nirgends auf der ganzen Welt gesehen. Ok, ich bin ja auch noch nicht an so vielen Orten gewesen, aber er ist echt riesig. Und man kriegt einfach alles. Von feinen Gewürzen, über „Marken“kleider, Schuhe, Elektronikartikel, Badetücher, Artikel für den sonstigen täglichen Gebrauch bis hin zu Schulbüchern oder auch Münzen und alten oder aussergewöhnlichen Banknoten.
So komme ich zum Abschluss der Reise im Zentrum Istanbuls dann auch zu einer originalen Schweizer Banknote von 1973, womit sich der Kreis wider schliesst.
Die Reise an sich war gut, informativ und lehrreich in Bezug auf organisierte Gruppenreisen. Die gesehenen Landschaften waren wunderschön, die Leute der Gruppe fast alle angenehm, unser Schweizer Reiseleiter, der uns die ganze Zeit über begleitete, eher gewöhnungsbedürftig bis teils schwierig. Teilweise schlichen sich bei ihm allerdings grundlegende (aus meiner Sicht teils schwerwiegende) Führungsfehler ein, wobei wir hoffen, dass es sich um einmalige Ausrutscher handelte.
Unschlagbar war die Ausrüstung, welche mir von Spatz empfohlen wurde und welche ich nicht mehr hergeben würde. Die Nächte waren, egal auf welchem Untergrund und bei welcher Temperatur, angenehm, warm und gemütlich.
Würde ich eine solche Tour wieder machen? Aber klar, zumal sie für mich auf Grund des Wettbewerbgewinns kostenlos war – allerdings eher in einer kleineren Gruppe mit Kollegen und ohne Guide oder gleich ganz alleine (und wenn möglich natürlich mit einem geeigneten Motorrad).
Was ist bei einer organisierten Tour zu beachten?
Kurz nach der Anmeldung, spätestens aber ca. 8-10 Wochen vor Reise antritt sollte eine ausführliche Reisedokumentation an die Teilnehmer abgegeben werden. Darin sollten mindestens folgende Infos zu finden sein:
Vor der Tour (idealerweise ca. 6-8 Wochen vor Tourbeginn) findet eine Vorbesprechung statt. Dabei sollte der Organisator möglichst alle offenen Fragen der angehenden Teilnehmer beantworten können. Vorsicht ist geboten, wenn an dieser Stelle das Hauptaugenmerk nicht auf der Information der Teilnehmer liegt, sondern auf dem Verkaufen von irgendwelcher Ausrüstung zu meist überrissenen Preisen (da an diesem Abend nicht mit anderen Produkten verglichen werden kann)
Der Guide welcher die Tour im fremden Land leitet, sollte mit an der Vorbesprechung sein und sich der Gruppe vorstellen
Sinnvoll ist es, ggf. Im Internet vorab zu recherchieren, was andere für Erfahrungen mit dem Unternehmen oder auch mit dem begleitenden Reiseleiter gemacht haben